Das 113. SonntagsFoyer am 4.5.2025 widmete sich einem Doppeltanzabend, bei dem unter dem gemeinsamen Übertitel Livingroom zwei sehr unterschiedliche Stücke präsentiert werden.
In seiner Einleitung verwies Präsident Rieder darauf, dass dieses SonntagsFoyer das erste ist, das in der Blackbox stattfindet, aber auch das letzte für ihn und seine Gattin an der Spitze des Vereins und bedankte sich für den treuen Besuch bei diesem und allen vorangegangenen SonntagsFoyers.

Nach einer kurzen Einführung von Roma Janus, der künstlerischen Leiterin der Tanzsparte, folgte ein Ausschnitt aus Chaostheorie von Katharina Illnar und S. Arthur Sicilia, beide Mitglieder von TANZ LINZ. Die Tänzer bewegen sich ruckartig um ein Gitter, formieren sich zu einer homogenen Gruppe, die sich zu rhythmischen Tönen vorwärts bewegt. Unvermittelt lösen sich einzelne Tänzer, scheren aus, erheben sich über die Gruppe um sich dann wieder zu einem harmonischen Ganzen zu fügen. Ein dynamischer Wandel, der auch ohne detaillierte Erläuterungen den Begriff Chaostheorie erlebbar macht.

Im Ausschnitt aus Evento des Gastchoreographen Giovanni Insaudo dominieren Körperkontakte. Zu romantisch anmutender Musik werden Zärtlichkeit und Leidenschaft vermittelt, doch es gibt auch Brüche, schrille Töne, die die Eintracht stören. Im Bewegungsfluss ist eine ganz individuelle choreografische Handschrift erkennbar, die die Tänzer mit höchster Präzision und Körperbeherrschung umsetzen.

Im anschließenden Gespräch mit dem Gastchoreografen Giovanni Insaudo, Preisträger der 38. International Choreographic Competition Hannover, und der Gast-Ballettmeisterin Sandra Salietti wird die Idee dahinter nachvollziehbar. In Sizilien, dem Herkunftsland des Choreografen, kommt eine Familie bereits vor der Hochzeit zusammen, viele Leute treffen sich im Livingroom und es ist ein Privileg dabei zu sein. Jeder möchte Teil der Gruppe sein, Gespräche werden geführt, doch eine schlechte Stimmung macht sich breit und es reift der Entschluss, den Raum zu verlassen.

Giovanni Insaudo erzählt mit der Körpersprache der Tänzer eine Geschichte, Kommunikation und Emotionen werden tänzerisch ausgedrückt, die Musik unterstreicht die Atmosphäre. Der Raum ist ein Keller, zu dem eine Treppe herabführt und nur ein Tor als Ein- und Ausgang dient. Der Choreograf gibt zu einem hohen Prozentsatz die Körpersprache vor, doch bleibt für die Tänzer noch Freiraum zur eigenen Entfaltung. Es ist ein Geben und Nehmen, wie es Sandra Salietti ausdrückt und dieselben Schritte erbringen durch die Individualität der Tänzer verschiedene Eindrücke.

Ganz anders der Entwicklungsprozess von Chaostheorie von Katharina Illnar und S. Arthur Sicilia. Nach einer abstrakten Beschäftigung mit dem Thema wurden die Tänzer in den Prozess einbezogen, mittels Fragebogen wurden deren persönlichen Erfahrungen und Interpretationen erhoben. Im Wechsel von Bildung, Destruktion und Neubildung wurde in einem demokratischen Prozess das Konzept erarbeitet. Eine bemerkenswerte Form von spartenübergreifender Zusammenarbeit findet zwischen Musicaldramaturg Dr. Arne Beeker, der in Theoretischer Physik mit einem Thema aus der Chaostheorie promoviert hat, und der Tanzkompanie statt. Er gab der Kompanie einen Einblick in die Materie und wird auch einen Text für das Programmheft beisteuern.

Die Kostüme von Karin Waltenberger korrespondieren mit den Themen, in Chaostheorie dominieren Muster, bei Evento ist es urbaneske, dunkle Kleidung angelehnt an die 80er.
Die Musik kommt von Hodei Iriarte Kaperotxipi, der drei Spielzeiten in Linz tanzte und mit TANZ LINZ bereits das Sounddesign für die Produktion Labo Traces kreierte.
Für Chaostheorie schwebten ihm zwei Räume vor, der physische Raum, in dem wir leben und der Raum, der Begriffe, die uns identifizieren und unsere Geschichte enthält. Die Chaostheorie besagt, kleine Änderungen verursachen große Wirkung, so kippt in der Musik eine angenehme Atmosphäre schon durch eine geringfügige Störung.

In Evento deutet er den Keller als unser Unterbewusstsein, in dem alle unsere Erfahrungen landen und schafft eine direkte Entsprechung zwischen Musik und Tanz.
Am Ende des SonntagsFoyers bedankte sich Roma Janus ganz herzlich bei Henriette und Peter Rieder für die langjährige Unterstützung der Tanzsparte und den Rückhalt in guten, wie in schwierigen Zeiten.

Ulrike Skopec-Basta
Fotograf: Fleckenstein

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