Beim SF am 8.1.2023 zog Moderator Chefdramaturg Christoph Blitt gleich zu Beginn die Aufmerksamkeit auf sich, als er die Oper als ziemlich absurde Geschichte bezeichnete. Allerdings räumte er sofort ein, dass auf der Bühne eben andere Regeln der Logik gelten als in der Realität, und selbst im täglichen Leben ist es so, dass man jenen Dingen, die als dem Alltag enthoben und geradezu absurd erscheinen, mehr Aufmerksamkeit widmet.

Die spanische Adelige Leonore liebt gegen den Willen ihres Vaters, dem Marchese von Calatrava, den nicht reinrassigen Don Alvaro peruanischer Herkunft. Als der Vater die beiden Liebenden trennen will, wirft Don Alvaro zum Zeichen, dass er keine Gewalt anwenden will, seine Pistole zu Boden. Unglückseligerweise löst sich beim Aufprall eine Kugel und trifft den Marchesen tödlich. Die beiden Liebenden werden auf der Flucht getrennt. Leonore zieht Männerkleidung an, begibt sich zu einem Kloster und bittet, in die nahe gelegene Einsiedelei aufgenommen zu werden. Don Alvaro schließt sich dem spanischen Heer an und trifft dort auf den verletzten Don Carlo. Ohne einander zu kennen, schließen sie Freundschaft. Kurz darauf wird Alvaro verletzt, und gerade als er sich wieder auf dem Weg der Heilung befindet, wird Alvaro bewusst, dass es sich bei seinem neuen Freund um Don Carlo handelt, Leonores Bruder, der den Tod seines Vaters rächen will. Wie es ihm dabei ergangen ist, zeigte uns Bariton Adam Kim eindrucksvoll mit der Arie des Don Carlo „Morir, tremenda cosa! – Urna fatale“, begleitet von Korrepetitorin Eunjung Lee am Klavier.

Im Jahr 1859 verkündete Verdi „Ich bedaure, aber ich bin die längste Zeit Komponist gewesen“. Warum Verdi diese Äußerung getätigt hat, ist nicht klar erwiesen, war es weil er Politiker werden oder gar als einfacher Bauer Leben wollte. Beides ist nicht richtig, Verdi war weder längere Zeit erfolgreicher Politiker noch war er, obgleich er sich tatsächlich ein Landgut gekauft hatte, ein einfacher Bauer. Möglicherweise waren es Probleme mit der Zensur. Nichts desto trotz setzte er seine künstlerische Tätigkeit nach einer kurzen Auszeit fort. „La forza del destino“ erlebte im Jahr 1862 eine viel umjubelte Uraufführung in Petersburg, doch war Verdi mit seinem Produkt nicht ganz zufrieden und überarbeitete es. Anstatt des eher kurzen Orchestervorspieles komponierte er eine breit angelegte Ouvertüre. Zum Schluss stürzt sich Alvaro nicht mehr vom Felsen, sondern lebt weiter. Die Uraufführung der geänderten Fassung fand 1869 an der Mailänder Scala statt.

Als zweite musikalische Kostprobe präsentierten uns Tenor Sung-Kyu Park als Don Alvaro und Adam Kim im Duett „Solenne in quest’ora“. Peter Konwitschny (Inszenierung und Bühnenbild) und Enrico Calesso (musikalische Leitung) erläuterten die Linzer Aufführung dieser Oper, die auf eine 90 Minuten dauernde Fassung komprimiert wurde. Auch Konwitschny betonte, dass sowohl Dramaturgie als auch der Titel der Oper nicht herkömmlich seien, sind doch die meisten Verdi-Opern nach einer Person benannt. Die Oper besteht auch nicht etwa nur aus Duetten und Arien, sondern aus Ideen. Sie zeigt die Realität und nicht etwa eine Verschönerung der Welt. Don Carlo ist in Unkenntnis des wahren Geschehens besessen von Rache. Leonore zieht sich in eine Einsiedelei zurück, doch wird ihr Leid nicht kleiner, das ist die Macht (des Schicksals). Don Alvaro geht zur Armee, weil er ehrenvoll sterben will.

Die Musik ist geprägt von dunklem Charakter mit Oktavensprüngen, auf Belcanto wird verzichtet, Anklänge an den Verismo sind bereits zu erkennen. Leonore wird charakterisiert mit sphärischen Klängen. Anders als klarerweise die Rataplan-Klänge strahlen die Szenen beim Kloster Ruhe aus. Das bereits zu Beginn in der Ouvertüre erklingende Schicksalsmotiv begleitet uns in verschiedenen Fassungen während der ganzen Oper. Den krönenden Abschluss des SF bildete die große Sopran-Arie der Leonore „Pace, pace“, ausdrucksstark vorgetragen von Carina Tybjerg Madsen. Die Besucher bedankten sich mit lang andauerndem Applaus.

Irene Jodl
Fotograf: Fleckenstein

Rezension von Petra und Helmut Huber zu LA FORZA DEL DESTINO“ – Premiere am Musiktheater des Landestheaters, Großer Saal, 21. 01.2023