Am 20. September 1945 nahm das Linzer Landestheater nach der kriegsbedingten Sperre den Spielbetrieb im Großen Haus mit der Operette „Das Dreimäderlhaus“ wieder auf. 75 Jahre später, am 4. Oktober 2020 fand in der BlackBox als Produktion des Oö. Opernstudios die Uraufführung der Neufassung von Ola Rudner (Musik) und Angelika Messner (Text) statt. Nach einer musikalischen Begrüßung von Hannerl (Hedwig Ritter) mit dem Lied „Ich schnitt es gern in alle Rinden ein“ erläuterte Musiktheaterdramaturg und Moderator Christoph Blitt die Erfolgsgeschichten von Rudolf Bartschs Roman „Schwammerl“ und Heinrich Bertés Singspiel „Das Dreimäderlhaus“.

Während der Roman „Schwammerl“ eine gesellige Beschreibung von Schuberts Leben in der Wiener Biedermeierzeit wiedergibt, wurde dem Stück in der nunmehrigen Linzer Fassung eine Frischzellenkur verpasst. Im Nachgang zur Premiere ging das SF der Frage nach, wie viel das idealisierte Schubert-Bild mit seinem Leben wirklich zu tun hatte. In der Linzer Neufassung liebt Schubert nicht mehr das Hannerl, sondern seinen Freund Franz von Schober. Im Programmpunkt „Wen liebte Schubert“ – Bemerkungen zu queeren Aspekten der Schubert Biografie“ – ging Blitt der Frage nach Schuberts Homosexualität nach. Anzeichen dafür sind seine Zuneigung zu Männern, deren sexuelle Hinwendung hinlänglich bekannt ist, wie etwa zum österreichischen Schriftsteller Johann Mayrhofer, dessen Gedichte in einem erheblichen Ausmaß in Schuberts Musik Niederschlag fanden. Mit Franz Schober verband ihn nicht nur Freundschaft, sondern zeitweilig auch eine gemeinsame Wohnung. Ein weiteres Indiz ist Schuberts Vorliebe für antike Themen, zumal Homosexualität im alten Griechenland nicht nur geduldet, sondern praktiziert wurde.

Unter dem Programmpunkt Das Dreimäderlhaus „reloaded“ diskutierte Blitt mit Angelika Messner die Neufassung der Operette, die sich nicht nur an der aktuellen Schubertforschung orientiert, sondern auch ein neues, der heutigen Zeit angepasstes Frauenbild präsentiert. Ola Rudner gab unter dem Stichwort „Schu-berté“ Einblicke in die Orchestrierung und gewährte einen Vergleich zwischen Original Berté und Original Schubert. Gregor Horres weckte mit dem Hinweis „Ein Fliedertraum“ unsere Neugier auf die Linzer Inszenierung.

Mit großem Applaus bedankten wir uns nicht nur beim Moderator und seinen Gesprächspartnern, sondern auch bei den Interpreten Hedwig Ritter, Etelka Sellei, Grégoire Delamare, Peter Fabig und Xiaoke Hu, die uns – am Klavier begleitet von Samuele Sgambaro – neben dem Begrüßungslied noch mit den Nummern „Bin so glücklich – Was Schön´res könnt´sein als ein Wiener Lied“, „Sei g´scheit, wer wird denn schmollen – Wie schön könnt das sein“, „Wenn uns Gott Kinder schickt – Geh, Alter, schau“, „Was quälst du mich, o Missgeschick“ und „Da gehst her und rührst dich nicht“ verwöhnten.   

Irene Jodl
Fotograf: Fleckenstein