Einführung zum aktuellen Tanzstück von Christina Comtesse am 23.4.2017.

Dante Alighieris Göttliche Komödie und Plastikmüll, ein Gedicht von John MacCrae und eine Rede von Donald Trump, das sind einige der Inhalte, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben, die aber Christina Comtesse in ihrer Tanzproduktion „Das, was bleibt“ in durchaus nachvollziehbarer Weise vereint.

Inspiration, Inhalt und Hintergründe des Stücks, das am 1. April 2017 in der BlackBox Premiere hatte, wurden den tanzinteressierten Gästen beim 38. SonntagsFoyer anschaulich vermittelt.

Ira Goldbecher, die fachkundige Dramaturgin, führte durch das SonntagsFoyer, die Choreografin und stellvertretende Tanzdirektorin Christina Comtesse gab interessante Einblicke in die Entstehung des Stücks und die gesamte Tanzkompanie mit 18 Tänzerinnen und Tänzern faszinierte das Publikum mit ausdrucksstarken Szenen.

Die erste Szene wurde dominiert von Lilith, dem Luftwesen, das auch als roter Faden für die Handlung dient, dargestellt von der aus Kanada stammenden Kayla May Corbin. Lilith stiftet Chaos, allerdings nur in der Interpretation, tatsächlich werden die Figuren, bei denen u.a. auch lange Metallstangen zum Einsatz kommen, mit ungeheurer Präzision getanzt.

Im anschließenden Gespräch erläuterte Christina Comtesse ihre Inspirationsquellen: Limbo, der 1. Kreis der Hölle, ein Raum, in dem Lebewesen in ihrem Leid gefangen sind, und das geflügelte, weibliche Mischwesen Lilith, ein Kunstgriff, den Christina Comtesse zur Initiierung der einzelnen Kreise der jenseitigen Welt Dantes einsetzt.

Die nächste präsentierte Szene beginnt mit einem paradiesischen Zustand, der jäh endet, als Lilith Perlen verteilt und Habgier auslöst. Christina Comtesse nimmt in ihrer Produktion anhand der Höllenkreise zu vielen aktuellen Themen Bezug: Plastikmüll, religiöser Fanatismus, Intoleranz, Machtgier, Krieg und Verrat. Es ist die Hölle, die wir uns selber bereiten. Dennoch fehlt bei all dem nicht eine Portion schwarzer Humor, der den englischen Wurzeln von Christina Comtesse entspringt, hat sie doch einen englischen Vater und eine aus Kärnten stammende Mutter.

Die wohl berührendste dargebotene Szene basiert auf einem Gedicht von John MacCrae, der darin schildert, wie auf den blutgetränkten Feldern des 1. Weltkrieges Mohnblumen erblühen. Nur wer selbst zu Emotionen fähig ist, wie Christina Comtesse bei der Erläuterung dieser Szene, kann Gefühle auch so packend umsetzen und dem Publikum spürbar machen.

Die letzte Szene in diesem SonntagsFoyer steht in der Produktion tatsächlich am Anfang und zeigte verschiedene Formen der Lust, auch jene, die von der Norm abweichen. Die verwendete Musik bezeichnete Christina Comtesse selbst als gewagt.

In diesem SonntagsFoyer wurde ein vielschichtiges Tanzstück verständlich gemacht. Die großartigen Tanzszenen animierten hoffentlich viele Gäste zum Besuch der Vorstellung, denn erst dort mit Kulissen und Kostümen (gestaltet von Bio Corina Krisztian) wird das Stück zu einem Gesamterlebnis. Jenen, die das SonntagsFoyer versäumt haben und „Das, was bleibt“ besuchen, sei die Einführung vor der Vorstellung wärmstens empfohlen!

Ulrike Skopec-Basta
Fotograf: Fleckenstein