Trotz eines wunderschönen Sonntagmorgens verlief das 48. SF am 8.4.2018 eher nachdenklich, stand doch die Oper Eugen Onegin auf dem Programm, bei der es – wie vielfach behauptet wird – nur Verlierer, aber keine Gewinner gibt. Wie immer bestens fundiert erläuterte die Dramaturgin Magdalena Hoisbauer Inhalt und Entstehungsgeschichte der „lyrischen Szenen“, die auf dem gleichnamigen Versepos von Alexander Puschkin beruhen. Dabei zog sie auch Parallelen zum Leben des als homosexuell bekannten Tschaikowski und erläuterte den Einfluss der damaligen musikalischen Strömungen, nämlich der russisch nationalistischen Traditionalisten und der Europaorientierten.

Gemeinsam mit Leslie Suganandarajah (musikalische Leitung) und Gregor Horres (Inszenierung) umriss sie die Charaktere der vier Hauptpersonen, auf der einen Seite die lebenslustige Olga und ihr Verlobter Lenski, der in sinnloser Weise in einem nicht wirklich gewollten Duell von seinem Freund Onegin erschossen wurde, auf der anderen Seite die eher introvertierte Tatjana, die in Liebe zu dem rastlosen Eugen Onegin entbrannte. Als ersten Vorgeschmack darauf bot Izabela Matula einen Ausschnitt aus der berühmten Briefszene, in der Tatjana ihre Emotionen klar und deutlich zum Ausdruck bringt, jedoch schon bald darauf von der zur Ehe nicht geeigneten Titelfigur abgewiesen wird. Weitere musikalische Kostproben gab es von Publikumsliebling Martin Achrainer mit Onegins Ariosa aus dem 3. Akt sowie von Rafał Bartminski mit der Arie des Lenski „Kuda, kuda“ aus dem 2. Akt, alle am Klavier begleitet von Takeshi Moriuchi. Mag es auch zu Tschaikowskis Zeit manche Bedenken wegen der geringen Bühnenwirksamkeit der Handlung gegeben haben, konnte uns das SF jedoch vom Gegenteil überzeugen. Tatsächlich gehört Eugen Onegin heute zu den meistgespielten russischen Opern.

Irene Jodl
Fotograf: Fleckenstein