Lange in Vergessenheit geraten und nun endlich wiederentdeckt – die Musik von Erich Wolfgang Korngold. Mit Leben und Wirken dieses faszinierenden austroamerikanischen Komponisten jüdischer Abstammung und seinem wohl berühmtesten Werk „Die tote Stadt“ (Oper in drei Bildern, Text von Paul Schott – Pseudonym von Dr. Julius Korngold) beschäftigte sich das SF am 11.9.2022.

Erich Wolfgang Korngold erblickte am 29. Mai 1897 als Sohn des Juristen und Musikkritikers Julius Korngold in Brünn das Licht der Welt und galt schon bald als Wunderkind. Sein erster großer Erfolg war die 1910 in Wien uraufgeführte Ballettpantomime „Der Schneemann“. In den ersten beiden Kriegsjahren 1914-1916 schuf er seine beiden Operneinakter „Der Ring des Polykrates“ und „Violanta“. Sein Ziel, eine große dreiaktige Oper zur Aufführung zu bringen, erreichte er erstmals 1920 mit „Die tote Stadt“, welche am 4. Dezember 1920 im Stadttheater Hamburg und im Stadttheater Köln uraufgeführt wurde. Die Linzer Erstaufführung erfolgt am 24. September 2022 im Musiktheater.

1934 folgte Korngold der Einladung Max Reinhardts nach Hollywood, um dessen Film „A Midsummer Night´s Dream“ nach Mendelssohns Schauspielmusik zu vertonen. Korngold schuf insgesamt die Musik zu 18 Filmen und wurde mit dem von ihm kreierten modernen Hollywoodsound zum Urvater aller nachfolgenden Komponisten. Für seine Filmmusik wurde er mit zwei Oskars ausgezeichnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wandte er sich wieder der klassischen Orchestermusik zu, konnte aber an seine ursprünglichen Erfolge nicht anschließen.

Als „Vorgeschmack“ auf die Linzer Erstaufführung der „Toten Stadt“ boten uns Martin Achrainer und Manuela Leonhartsberger einen sowohl musikalisch als auch szenisch hervorragend dargestellten Einblick in den rätselhaften Beginn der Oper: Brigitta zeigt Frank Pauls etwas eigentümliche Wohnung.

Das neue Ensemblemitglied, die in Linz geborene Manuela Leonhartsberger, überraschte uns nach ihrer Vorstellung noch mit Korngolds Lied „Glückwunsch“. Dem schließen wir uns gerne an.

Nach diesen beeindruckenden musikalischen Darbietungen stellte Heide Stockinger ihr neues Buch „Glück, das mir verblieb“ (Ein Erich Wolfgang-Korngold-Lesebuch) vor und ging besonders auf den Oberösterreich-Bezug des Komponisten ein. Korngold befand sich viele Jahre lang jeweils für einige Monate im Salzkammergut auf Sommerfrische und war dort auch als Komponist eifrig tätig. Korngold widmete sich auch der Operette, vor allem indem er Werke anderer Komponisten bearbeitete. Jacques Offenbachs Oper „Hoffmanns Erzählungen“ hat er für Max Reinhardt neu eingerichtet.

Anschließend erläuterte Katharina John gemeinsam mit Andreas Baesler (Inszenierung) und Chefdirigent Markus Poschner (musikalische Leitung) das Werk. „Die tote Stadt“ erzählt von Pauls Trauer um seine verstorbene Frau Marie und seiner Begegnung mit der Tänzerin Marietta, einer scheinbaren Doppelgängerin Maries. In diesem symbolistischen Werk, das nach der Stadt Brügge benannt wurde, werden dem Zuschauer viele Rätsel aufgegeben. Neben einer stringenten Oberflächlichkeit ist auch eine zweite Ebene mit Elementen aus Sigmund Freuds Psychoanalyse zu erkennen wie etwa Trauer, Traum, Verdrängung, Doppelgängertum, Zwang. Markus Poschner betonte das Rauschhafte, Sinnliche und Atmosphärische der Musik. Man spürt Farben und Düfte und die Zwänge der Zeit. Die tote Stadt Brügge war ursprünglich dank der Verbindung zur Nordsee eine bedeutende Handelsstadt, was sich allerdings mit der Versandung der kleinen Flüsse und Kanäle gegen Ende des 15. Jahrhunderts änderte.

Als musikalischen Abschluss hörten wir von Adam Kim Pierrots Tanzlied „Mein Sehnen, mein Wähnen“. Am Klavier begleitet wurden die Interpreten von Svetlomir Zlatkov.

Irene Jodl
Fotograf: Fleckenstein