Beim SF am 25. Oktober befassten wir uns mit der tragischen Liebesgeschichte des legendären Veroneser Liebespaares Romeo und Julia, allerdings nicht in der bekannten Shakespeare-Fassung, sondern mit der auf der Novellenliteratur der Renaissance beruhenden Oper „I Capuleti e i Montecchi“ (Musik von Vincenzo Bellini, Text von Felice Romani), die am 14. November im Musiktheater Premiere feiern sollte. Nachdem Dramaturgin Katharina John den Werdegang der beiden Künstler Bellini und Romani zur Zeit des italienischen Risorgimento skizziert hatte, erlebten wir eine etwa 15 minütige, dem ersten Akt der Oper entnommene spannungsgeladene musikalische Darbietung der beiden Liebenden Romeo (Katherine Lerner) und Julia (Ilona Revolskaya), am Klavier begleitet von Claudio Novati, der anschließend das Musikbeispiel ausführlich hinsichtlich Form und Struktur analysierte.

Bellini, einer der bedeutendsten italienischen Belcanto Komponisten, ging über das wörtlich übersetzte „Schön-Singen“ im Sinne der traditionellen Opern hinaus, distanzierte sich von Rossini und strebte mit seiner Musik eine Vereinfachung, quasi „Entrümpelung“ der artifiziellen Musik an.

Regisseur Gregor Horres erläuterte die wesentlichen Unterschiede zwischen Shakespeare und Romani, der damals schon als einer der bedeutendsten italienischen Opernlibrettisten galt und für mehrere Opern Bellinis verantwortlich zeichnet. In einer Nahaufnahme der letzten 24 Stunden ohne Balkonszene und ohne Nachtigall und Lerche zeigen Bellini und Romani die kriegerische Auseinandersetzung der beiden Familien Capuleti und Montecchi und das tragische Schicksal der beiden Liebenden. Bei Bellini agiert nur eine Frau (Julia), umgeben von Männern und selbst in einem Konflikt verfangen zwischen der Liebe zu Romeo und der Treue zu ihrem Vater Capellio. Romeo hat den Bruder Julias getötet, somit einen nahen Menschen seiner Geliebten, was darüber hinaus zur Folge hatte, dass auf Seite der Capuleti mangels eines weiteren Sohnes kein männlicher Nachfolger mehr vorhanden ist. Daher soll Tebaldo Rache nehmen und Julia heiraten. Lorenzo, bei Bellini ein Arzt, versucht vergeblich Frieden zwischen den Familien zu stiften, scheitert aber letztlich an der Enge der Haltung der gegnerischen Parteien.

Irene Jodl
Fotograf: Fleckenstein