Aufgeregte Stimmung herrschte am Vormittag des 20. November 2016 im Eingangsfoyer des  Musiktheaters. Das Landestheater hatte zum Casting für die neue Tanzproduktion „Die Brautschminkerin“ geladen:

„Wir suchen Menschen, denen Bewegung Spaß macht! ….
Gruppe I: 18 – 40 Jahre
Gruppe II: 40 – 99 Jahre (gern auch älter!)
Einfach bequem anziehen, Socken mitbringen und vorbeikommen!“
Mehr als 60 Personen waren dem Aufruf gefolgt, darunter etliche bewegungsfreudige ältere Semester, da  das Landestheater auch Seniorentanzschulen informiert hatte. Wie so oft erwies sich das weibliche Geschlecht als mutiger und stellte die Mehrzahl der Teilnehmer.

Infoblätter wurden verteilt, Nummern ausgegeben und die Vertreter des Landestheaters mussten so manch heikle Frage beantworten. „Muss man sich dabei auch ausziehen?“ meinte eine Castingteilnehmerin und fügte sofort hinzu „Ich würde das gerne machen.“

Die Situation im Stück ist allerdings eine völlig andere, wie bei der Probe im Ballettsaal klar wurde. Tanzdirektorin Mei Hong Lin erklärte den Ausgangspunkt des Stücks, die düstere Zeit „des weißen Terrors“ während der Diktatur des chinesischen Chiang Kai-Shek-Regimes in ihrer Heimat Taiwan.

„Man braucht keine tänzerische Begabung“ erläuterte sie „versetzt Euch in die Situation, denkt an ähnliche aktuelle Ereignisse und wünscht Euch, etwas dagegen unternehmen zu können. Dann werdet Ihr den richtigen Ausdruck vermitteln!“

Die 1. Übung im Casting bestand nur darin, zu gehen. Was leicht klingt, stellte sich nach den Korrekturen durch Mei Hong Lin und der Choreografin Christina Comtesse als schwieriger heraus als angenommen. „Nicht zu stark auftreten, nicht tänzeln, die Arme ruhig hängen lassen, den Blick nach oben richten, Körper locker halten, Schultern straffen ….“

Die Schwierigkeit steigerte sich mit der Hinzunahme von Requisiten: Schirme (die bei taiwanesischen Trauerfeiern symbolische Bedeutung haben), Steinwürfel aus Styropor (die mit der Aufschrift 228 an das Massaker vom 28.2.1947 erinnern), Holztafeln (auf denen später Bilder der Ermordeten zu sehen sein werden) , Mäntel der Verstorbenen. All das sollte nicht einfach transportiert werden („Ihr seid keine Bühnenarbeiter!“), sondern mit dem Ausdruck von Trauer getragen werden. Wirkten die Übungen anfangs teils unbeholfen teils exaltiert, so stellte sich bald eine erstaunliche Homogenität ein, wozu auch die Musik beitrug, die sofort unter die Haut ging.

14 Proben sind für die Mitwirkenden bis zur Premiere am 17.Februar 2017 anberaumt. Mei Hong Lin und ihr Team haben dabei sicherlich noch ein hartes Stück Arbeit vor sich, aber der Funke ist bei einigen Teilnehmern im Casting bereits übergesprungen.

Ulrike Skopec-Basta
Fotograf: Skopec-Basta