Grau, trüb und nasskalt war der Morgen des 12.11.2017, an dem 50 Vereinsmitglieder zum Ausflug nach Baden bei Wien aufbrachen. Doch für wahre Opernfreunde gibt es kein schlechtes Wetter nur schlechte Aufführungen und davon konnte beim „Freischütz“ im Stadttheater Baden nicht die Rede sein.

Doch alles der Reihe nach. Der Bus brachte uns in flotter Fahrt nach Baden und unterwegs genossen wir eine interessante, kurzweilige Einführung zur Oper von Hofrat DI Barth. In Baden angekommen ging es in 2 Gruppen zur Besichtigung des Beethovenhauses und des Arnulf Rainer Museums. Auf dem Weg dorthin erfuhren wir auch einiges über die Stadt, so über das milde pannonische Klima, das Wein und Rosen gedeihen lässt, über die Bedeutung der Stadt als Kurzentrum und die Beliebtheit bei den Gästen, die der Stadt steigende Nächtigungszahlen beschert. Die Vorzüge Badens wusste schon der kaiserliche Hof zu schätzen. Kaiser Franz I. erwarb ein kleines Stadtpalais, das er im Sommer gegen das prächtige Schloss Schönbrunn tauschte, zum Entsetzen seiner Gemahlin, aber zur Freude der Badener. Manchmal übertrieben diese allerdings ihre Begeisterung und so soll sich Franz I. einmal durch eine Hintertür in sein Palais geschlichen haben und als ihm der Lärm des zu seinen Ehren veranstalteten Empfangs zu viel wurde, am Fenster erschienen und genervt gerufen haben: „I bin eh scho da!“

Auch Kaiser Franz Joseph verbrachte viele Sommer in Baden, Katharina Schratt wurde hier geboren, jene Gefährtin des Kaisers, zu der seine Frau Elisabeth „Sisi“ den Kontakt gefördert hatte, um ihrerseits frei zu sein. Tafeln am ehemaligen Gasthaus „Zum Schwarzen Adler“ erinnern an die Aufenthalte von Franz Schubert und Johann Strauß in Baden und unweit davon befindet sich das Beethoven Haus, in dem der Komponist mehrere Sommer verbrachte. Das Haus gehörte einem Kupferschmied und das war eine glückliche Fügung, denn der taube Beethoven war durch den Lärm des Kupferschmieds nicht gestört und das Klavierspiel des Komponisten ging im Lärm der Schmiede unter. Der Vermieter profitierte auch von der Angewohnheit Beethovens, seine Noten überall, wo sie ihm gerade einfielen, hin zu kritzeln, so auch auf Fensterläden seiner Wohnung. Nach der Rückkehr Beethovens nach Wien verkaufte er die Fensterläden an Bewunderer des Komponisten, versäumte es aber nicht, sie dennoch im nächsten Sommer Beethoven in Rechnung zu stellen. Zwei dieser Fensterläden tauchten in Amerika wieder auf und befinden sich heute in einem Museum in Chicago.

Eine interessante Überraschung barg das Arnulf Rainer Museum. Es ist keine herkömmliche Galerie, sondern befindet sich im Frauenbad, einer ehemaligen Badeanstalt, die in ihrem Erscheinungsbild gänzlich erhalten wurde und einen beeindruckenden Raum für die Bilder des in Baden geborenen Malers und Aktivisten abgibt.

Nach einem gemeinsamen Mittagessen im Batzenhäusl begaben wir uns in das von den Wiener Architekten Helmer & Fellner gestaltete und 1909 eröffnete Stadttheater zur Nachmittagsvorstellung von „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber. In Baden, bekannt für seine Operettentradition, steht jährlich eine Oper auf dem Spielplan. Heuer inszenierte Dr. Michael Lakner, seit dieser Spielzeit Intendant in Baden und davor Intendant des Lehar Festivals Bad Ischl, den „Freischütz“.

Gleich zu Beginn wird klar, wir befinden uns im Salzkammergut, bunte Trachten und urige Bräuche dominieren die Szenen. Das Bühnenbild vermittelt realistisch die Region, unterstützt von technisch beeindruckenden Projektionen. Die Sängerinnen und Sänger überzeugen, in der Damenriege Regina Riehl als Agathe und „unsere Linzerin“ Theresa Grabner als ihre naive Cousine Ännchen. Bei den Herren gefällt Thomas Zisterer als Kilian und Fürst Ottokar, die Jägerburschen Kaspar und Max gestalten Sébastian Soulès und Reinhard Alessandri. Oliver Baier, bekannt vom ORF, überrascht als Samiel.

Der kleine, aber feine Chor (Leitung Michael Zehetner) besticht ebenso wie das Orchester unter der Leitung von Franz Josef Breznik, das durch die Hebung des Orchestergrabens akustisch gut zur Geltung kommt.

Geteilter Meinung war man bei manchem Regiekniff, wie dem Drogenrausch von Max in der Wolfsschlucht, der Dealerrolle von Samiel oder der Neigung Kaspars zum Satanskult.

Nach Ende der Vorstellung empfing uns Intendant Dr. Lakner im Foyer und brachte auch Theresa Grabner, Regina Riel und Sébastian Soulès mit. Dabei erfuhren wir noch aufschlussreiche Details zur Inszenierung. Dr. Lakner selbst überarbeitete das Libretto, ersetzte die auf ursprüngliche Zeit und Ort hinweisenden Textpassagen und kürzte die Sprechszenen, wofür ihm die Sänger dankbar waren, wie Thomas Sébastian Soulès bestätigte. Das Bühnenbild hätte er sich stilisierter gewünscht, ließ sich dann aber von den Entwürfen von Manfred Waba, bekannt durch seine Ausstattungen im Steinbruch von Margarethen, überzeugen. Ziel seiner Regie war, dass auf der Bühne „die Post abgeht“, dafür durfte es auch mal derber Humor sein. Präsident Rieder bedankte sich beim Intendanten und den Sängerinnen für den interessanten und unterhaltsamen Ausklang des Vorstellungsbesuchs. Im Bus, der uns sicher durch Sturm und Regen nach Hause brachte, wurde noch eifrig über das Regiekonzept diskutiert und das ansprechende Rahmenprogramm geplaudert.

Der von Prof. Architektonidis bestens organisierte Ausflug weckte bei etlichen Teilnehmern den Wunsch, Baden nochmals zu besuchen, um die an diesem Tag gewonnenen Eindrücke zu vertiefen.

Ulrike Skopec-Basta
Fotograf: Skopec-Basta