September 2008

Die Fassade

Aus einer Pressekonferenz am 27. August 2008 über den Stand der Fassadenplanung sowie aus meinen Unterlagen seit dem Architektenwettbewerb darf ich folgendes berichten:

 Von Dipl.-Ing. HILDEBRAND HARAND
Unser Baureferent

 Zur Geschichte der Fassadenplanung

Architekt Pawson hatte in seinem preisgekrönten Wettbewerbsentwurf den zum Volksgarten orientierten Eingangsbereich sorgfältig dargestellt, die restliche Fassade aber nur angedeutet. Deshalb muss die Fassadenlösung, die jetzt für die Einreichplanung vorgesehen ist, den Regeln entsprechend vom Linzer Gestaltungsbeirat gut geheißen werden, bevor eine Baubewilligung möglich ist.

Architekt Pawson hatte somit nicht wegen der Fassade und auch nicht, wie fälschlich berichtet, wegen der Funktionen und Raumaufteilungen im Inneren den Bewerb gewonnen. Dieser Bereich ist von ihm in Zusammenarbeit mit den Benützern erst in den letzten Monaten zu einer sehr guten Lösung entwickelt worden.

Architekt Pawson hatte den 1. Preis erhalten, weil sein Projekt den städtebaulichen Aspekt hervorragend abdeckte. Er hatte mit einigen wenigen anderen Teilnehmern den Mut besessen, den Vorschlägen der Ausschreibungsstelle, das Theater zwischen Autostraße und Eisenbahn zu platzieren, nicht nachzugehen. Dies war riskant, gab es doch keine Lösung für das Verschieben der Straße zur Bahn. Inzwischen ist diese Straße dank einer vorzüglichen Planung von Schimetta Consult bereits Wirklichkeit geworden.

Das Heranrücken des Gebäudes ganz zum Volksgarten, der so gefundene Abschluss der Landstraße und die schlichte Rautenform des Büro- und Industrieteiles, das waren die entscheidenden Punkte für den 1. Preis. Neben der überaus großzügigen, gleichsam die Besucher einsaugenden Öffnung zum Volksgarten sollte der restliche Fassadenteil bescheiden im Hintergrund bleiben. Die Fassade stand nie im Mittelpunkt der Planung, wurde daher vom Architekten erst nach Lösung aller andern Probleme behandelt. Einmal zeigte Architekt Pawson ein paar Fotos von einem anderen seiner Projekte mit lot-rechten warmbraunen Linien, leicht und duftig - so, meinte er, könnte die Fassade hier werden.

Der Entwurf aus Cortenstahl

Cortenstahl ist eine Stahllegierung, die sich durch hohe Witterungsbeständigkeit auszeichnet. Die Oberfläche ist mit einer besonders dicken Rostschicht überzogen, die das Stahlinnere vor weiterem Verrosten schützt, auch wenn der Schein trügt. Dieser Stahl wird seit 1932 im Schiffsbau u. dgl. verwendet. In letzter Zeit fand er das Interesse von Bildhauern und Designern kleinerer Objekte. In der Architektur wurde er bei großen Bauwerken in unserem Land nur selten eingesetzt und fand dort keine Zustimmung der Bevölkerung. Ich vermute, das Denkmal vor der Tabakfabrik, nunmehr schwarzbraun, ist aus Cortenstahl. Warum Herr Architekt Pawson dieses dunkel-düstere Element für sein Linzer Theatergebäude vorschlug, ist nicht bekannt. Vielleicht hat er von Linz als der "Stahlstadt" gehört. Vielleicht wollte er einer vermeintlichen "Industriestadt" eine absolut wartungsfreie Lösung anbieten.

Ablehnung des Cortenstahls

Schon jetzt wurde in den Zeitungen statt "Cortenstahl" nur abschätzig von "Roststahl" berichtet. Mit Blick auf die Bevölkerung und vor allem auf das Theaterpersonal, das durch rostige Eisenstäbe ins Tageslicht gesehen hätte, aber auch aus Sorge vor der Ablehnung durch den Gestaltungsbeirat haben die Bauherren den dunkel-düsteren Fassadenentwurf von sich aus abgelehnt. Das war legitim, vertragskonform und richtig. Sowohl Bauherr als auch Gestaltungsbeirat wollen nichts entwerfen, aber einen Architektenvorschlag, der nicht Inhalt des Wettbewerbsbeitrags war, können sie begründend ablehnen. Da überdies die Medien nicht zimperlich mit diesem Projekt umgehen, wären Spitznamen wie "Rostkasten" oder "Rostige Raute" sehr bald publik geworden, traurig für ein Gebäude, das 150 Mio. Euro kostet und das Flaggschiff des ober-österreichischen Musikgeschehens werden wird.

Wenn ich mich recht erinnere, gab es beim Bau des Brucknerhauses dasselbe Problem mit umgekehrtem Vorzeichen. Architekt Heikki Siren wollte helle Steinplatten (Marmor?) als Außenfassade, die Stadt Linz als Bauherr setzte die jetzige dunkle Alu-Lösung durch - aus Kosten- und Wartungsgründen. Damals regte das niemanden auf, nicht zuletzt deshalb, weil eben die Zeitungen dem Projekt Brucknerhaus sehr positiv gegenüberstanden und es nach Kräften förderten.

Ein neuer Vorschlag von Architekt Terry Pawson

Architekt Pawson hätte natürlich, wenn er die Cortenstahl-Lösung als wesentlich für sein Projekt im Sinn eines Gesamtkunstwerkes erachten würde, darauf bestehen können, ja müssen. Er hat aber selber durch sein Büro andere Vorschläge erarbeiten lassen, woraus man ableiten kann, dass er zwar bestimmte Punkte, nicht aber Farbe und Material als unabdingbar erachtet. We-sentlich sind ihm, wie schon erwähnt, die Form und Art des Haupteinganges beim Volksgarten und im übrigen eine lotrecht strukturierte Linienführung der Fassadenelemente. Diese Bedingungen erfüllt sein jetziger Vorschlag der Rasterfassade und dieser ist auch für die Vorlage beim Gestaltungsbeirat vorgesehen. Damit ist entgegen einigen Zeitungsmeldungen klar, dass dieses Bauwerk auch in seiner äußeren Erscheinung vollständig das Werk von Architekt Pawson sein wird. Der neue Vorschlag bewegt sich im vorgesehenen Kostenrahmen. EUR 400,--/m² wurden genannt und dies als im unteren Bereich der Varianten liegend angegeben.

Allgemeines zur Rasterfassade

Bei der geplanten Fassade handelt es sich um eine so genannte "hinterlüftete Vorhangfassade". Zunächst wird auf die tragenden Betonwände des Bauwerks eine Wärmedämmung angebracht, vor der dann mit Luftabstand die Fassadenelemente montiert werden. Die lotrechten Elemente sind im Abstand von 1,5m vorgesehen und laufen so rund um das Bauwerk. Sie sind etwa 50cm tief, haben helle, glatte Oberfläche und bestehen aus Architekturbeton. Dieser Begriff bezeichnet hochwertigen, optisch ansprechenden Sichtbeton. Das Hauptzuschlagmittel, gebrochener und zermahlener Stein, erzeugt eine besondere Erscheinungsform in Struktur und Farbe. Die Oberflächenausführungen können getaucht, gewaschen, sandgestrahlt oder poliert sein. - Einige wenige waag-rechte Elemente (2 bis 3), die wichtige Geschosse andeuten, sind analog den lotrechten.

Zwischen den lotrechten Elementen ist Platz für Fensteröffnungen und die Ausfachung. Für letztere sieht Architekt Pawson hellen Naturstein vor. Er meint "z. B. heller Kalkstein". Dieses Material wird noch auf die Verwendbarkeit in unserer Stadt zu prüfen sein.

Die Ausfachungen sitzen einmal vorne bündig mit den Stehern, dann wieder hinten. So entsteht ein sehr lebendiges Schattenspiel und eine offensichtlich sehr ansprechende Gestaltung der großen Außenflächen.


Die Nordfassade tritt als ebene Fläche in Erscheinung, mit tief sitzenden Fensterbändern im obersten Stockwerk. Zusätzlich markieren die großflächigen Glasbänder die Innenhöfe des Künstlertraktes und gliedern die Fassade in deren städtebaulichem Kontext. © Terry Pawson Architects

Nordfassade (Blumauerstraße)

Diese Fassade tritt als ebene Fläche in Erscheinung, mit tief sitzenden Fensterbändern im obersten Stockwerk. Zusätzlich markieren die großflächigen Glasbänder die Innenhöfe des Künstlertraktes und gliedern die Fassade in deren städtebaulichem Kontext. Diese Bänder sind wesentlich breiter als die sonstige 1,5m-Rasterteilung.

Südwestfassade

Die dem Bahnhof zugewandte Front wirkt geschlossen, weil die Füllplatten außen sitzen. Die Besonderheit hier ist ein geschosshohes Panoramafenster, von dem man vom Foyer aus dem Treiben auf der Bahnhofstraße zu-sehen kann. Die restlichen Fensteröffnungen auf dieser Seite sitzen außen bündig zwischen den Stehern.


Im südlichen Bürobereich, einer besonders langen Front gegenüber der Bahn, sind Fenster und Ausfachungsplatten nicht außenbündig, sondern werden, mit kleinem Maß bei der Südwestrundung beginnend, immer weiter nach innen geführt, sodass eine sehr lebendige Struktur mit Licht-Schattenwirkung entsteht. © Terry Pawson Architects

Süd- und Ostfassade

Im südlichen Bürobereich, einer besonders langen Front gegenüber der Bahn, sind Fenster und Ausfachungsplatten nicht außenbündig, sondern werden, mit kleinem Maß bei der Südwestrundung beginnend, immer weiter nach innen geführt, sodass eine sehr lebendige Struktur mit Licht-Schattenwirkung entsteht. Das kurze Stück der Ostfassade ist wieder flächenbündig außen wie die Westfassade vorgesehen.

Abschließende Bemerkung

Mir gefällt die jetzige Lösung optisch sehr. Sie ist hell und freundlich und in ihren Lichtspielen sehr interessant. Freilich wird es notwendig sein, für die Umsetzung möglichst wartungsfreie und witterungsbeständige Materialien zu finden, was aber bei einiger Sorgfalt kein Problem sein sollte. Wenn der Gestaltungsbeirat Ende September diesem Entwurf des Architekt Pawson zustimmt, darf mit der Baubewilligung im Jänner 2009 gerechnet werden.