Juni 2009

Projektbeschreibung Bühnentechnik

Von den Planern der Bühnentechnik, Theatre Projects Consultans, haben wir Beschreibungen der Bühnentechnik erhalten, die dem derzeitigen Planungsstand entsprechen. Verfasst wurden sie von Dipl.-Ing. Laura Hoff und Dipl.-Ing. Oliver Leigers. Für unsere Vereinszeitung habe ich eine Zusammenfassung erstellt und durch ein Gespräch mit Herrn Philipp Olbeter, dem langjährigen Leiter der Technik im Landestheater, ergänzt

Von Dipl.-Ing. HILDEBRAND HARAND

Längsschnitt entlang der Bühnenmittelachse

ORCHESTERGRABEN

Im Orchestergraben wird nicht nur musiziert, er kann auch bespielt werden. Dazu ist eine Vorbühnendecke nötig, von der aus Beleuchtung und Schnurgerüste diesen Bereich bedienen. Der Graben selbst hat drei Orchesterpodien und eine Pasarelle, auf der zwischen Orchester und Zuschauern gespielt und getanzt werden kann. Die vier Podien können - einzeln oder gemeinsam - bis auf die Bühnenebene reichen und die Bühne bis zur ersten Reihe ausdehnen. Umgekehrt können alle Podien bestuhlt und das Platzangebot vergrößert werden.

PORTALZONE

Der Übergang zwischen Zuschauerraum und Bühne hat 2 Portale. Das eine, den Besuchern nähere, ist die vom Architekten gestaltete fix gebaute Bühnenöffnung, etwa 16 m breit und 10 m hoch. Das dahinter liegende Technische Portal ist Gegenstand der Bühnentechnik und dient der Beleuchtungstechnik. Es besteht aus zwei Türmen und einer Brücke. Diese sind bewegbar, sodass die Größe der Bühne in Höhe und Breite variiert werden kann, in der Breite zwischen 10 und 16m.

Diese Flexibilität erlaubt es, große internationale Produktionen genauso zu spielen wie kleine, intime Aufführun- gen, die nur eine Portalöffnung von 10 bis 12 Metern benötigen: Eine großartige, neue Funktionalität, in die sich auch die geplante Norm-Portalbreite für Eigenproduktionen von 12 bis 14 Metern bestens einfügt. Für uns Besucher bedeutet dies rund 50% mehr Opernvergnügen gegenüber dem jetzigen Großen Haus (9,45 m).

VORHÄNGE

Diese sind zwischen den beiden Portalen angeordnet. Der Hauptvorhang kann in der Mitte geteilt und nach den Seiten geöffnet oder im Ganzen hochgezogen werden. Der Eiserne Vorhang schließt im geschlossen Zustand allseitig an feuerbeständige Bauteile an. Für ihn gelten besondere Sicherungsmaßnahmen.

UNTERMASCHINERIE

Diese besteht aus den bühnentechnischen Einrichtungen vom Bühnenniveau abwärts. Ihr Herzstück ist im Bereich der Hauptbühne die Transportdrehbühne mit 32 m Durch-messer. (Die Fläche, ca. 800 m², hat fast die Größe einer Bauparzelle). Die Bauhöhe der Transportdrehbühne beträgt ca. 5,8 m. Sie hat eine untere "Deckenkonstruktion", auf der die Bühnenebene abgestützt ist und die mittels eines Zentrallagers und einer Umfangslagerung gelagert ist (analog einer Drehscheibe für Dampflokomotiven). Auf der unteren Decke können auch fahrbare Personenlifte die Darsteller zu den Bühnenbodenklappen der Bühnenebene bringen.

Draufsicht auf die Bühnenebene

Damit die Transportdrehbühne mit elektrischer Energie versorgt werden kann, wird eine Schleifringeinheit eingesetzt, die sich im Bereich des Zentrallagers befindet. Dieses sowie die Einspeisung und der Schleifring werden in einen Betriebsraum integriert, der sich im Bereich der Parkgarage befindet. In die Transportdrehbühne werden 3 Bühnenhubpodien mit einer Grundfläche von jeweils 15 x 4m und gegenüberliegend die sog. Spieldrehbühne mit einem Wirkdurchmesser von 15 m integriert. Die Bühnenhubpodien werden als Doppelstockpodien ausgeführt, deren unteres Gedeck aus der Transportdrehbühne heraus begehbar ist. Die Bühnenhubpodien lassen sich über Bühnenniveau hinaus hochfahren, so dass das untere Gedeck ebenengleich mit dem Bühnenniveau ist.

BÜHNENWAGEN

Komplettiert wird die Untermaschinerie durch den Einsatz von 6 Bühnenwagen, die auf der Bühnenebene in Schienen fahren. Die Grundfläche der Bühnenwagen entspricht der Grundfläche der Bühnenhubpodien (15x4 m). Die Bühnenwagen lassen sich jeweils in Gruppen bis zu drei Einheiten im Seitenbühnen-, Probebühnen-, sowie im Hinterbühnenbereich lagern. (Die Seitenbühne liegt vom Saal gesehen rechts, die Probebühne links vom Portal). Wenn die Transportdrehscheibe entweder mit den Bühnenhubpodien oder mit der Spieldrehbühne über der Bühnenmittelachse positioniert ist, lassen sich die Bühnenwagen auf die Transportdrehscheibe fahren, ent-weder rechtwinklig oder parallel zur Bühnenmittelachse.

OBERMASCHINERIE

Die Einrichtungen der Obermaschinerie dienen dem vertikalen Verfahren von Bühnendekorationsteilen. Dies können sowohl fest gebaute Dekorationswände als auch Bühnentextilien sein. Da es sich bei der Obermaschinerie um fördertechnische Anlagen handelt, mit deren Hilfe Lasten über Kopf verfahren und gehalten werden, kommt den sicherheitstechnischen Aspekten für diesen Anlagenbereich besondere Bedeutung zu.

Insgesamt kommen 44 Prospektzüge mit einer Nutzlast von jeweils 500 kg zum Einsatz; der Abstand der Laststangen beträgt 200 mm. Alle Prospektzug-Laststangen sind 18 m lang und erstrecken sich über die gesamte Bühnenbreite. Zusätzlich zu den Prospektzügen gibt es auch Schwerlastzüge für 1000 kg Nutzlast. Seitlich der Bühne und parallel zur Bühnenmittelachse werden je 2 Panoramazüge pro Bühnenseite angeordnet. Sie ermöglichen mit Hilfe von Dekorationen oder Stoffen die seitliche Begrenzung der Bühne. Für einzelne Lasten oder Dekorationsteile, die nur an einem Drahtseil aufgehängt werden, kommen insgesamt 16 Punktzüge zum Einsatz, wobei jeder Punktzug eine Nutzlast von 500 kg aufnehmen kann. Auch über der Seiten- und der Hinterbühne sind alle dort erforderlichen Hebezüge vorgesehen.

SZENISCHE BÜHNENBELEUCHTUNGSANLAGE

Die Beleuchtung selbst ist nicht Gegenstand der Bühnenanlagen, wohl aber die für ihren Betrieb nötigen me-chanischen Anlagen wie Hubanlagen, Windenanlagen, Gestelle, Zugänge, Kabelmanagesysteme usw.

STEUERUNGSANLAGE

Mit Hilfe der Bühnensteuerungsanlage können komplexe Bewegungen ausgeführt werden und so den gestiegenen Anforderungen an Inszenierungsmöglichkeiten entsprochen werden. Durch die redundante Ausführung in wesentlichen Anlagenteilen wird gleichzeitig den hohen sicherheitstechnischen Anforderungen entsprochen. Neben diesen beiden Aspekten ist drittens die im Theaterbetrieb hohe Anforderung an maximale Verfügbarkeit der Anlage zu nennen.

Die Hauptsteuerung bindet auf Antriebsebene die folgenden Anlagenteile ein:

Obermaschinerie (Prospektzüge, Panoramazüge, Punktzüge, Portalbrücke, Beleuchtungsgestelle, Hauptvorhang, etc.)

Untermaschinerie ( Transportdrehbühne, Bühnenhubpodien, Sekundärpodien, Spieldrehbühne, Bühnenwagen, etc.)

Mit Hilfe der Steuerung lassen sich asynchrone und synchrone Gruppenfahrten, sowie Zielfahrten mit hoher Wiederholgenauigkeit realisieren.

Auf der Bedienrechnerebene werden ein Hauptpult, in dem die Bedienrechner untergebracht sind, sowie zwei mobile Nebenpulte eingesetzt. Das Hauptpult wird ortsfest im Bereich der ersten Ebene der Zugangstürme zu den Portaltürmen installiert. Das kabelgebundene mobile Nebenpult kann über Steckstellen im Bühnenbereich und auf den Galerien angeschlossen werden. Es hat den gleichen Funktionsumfang wie das Hauptpult.

Auf der Zentralrechnerebene werden die Fahrbefehle und Steuerdaten verarbeitet und gespeichert. Hier werden Gruppenfahrten verwaltet und überwacht. Die Zentral- bzw. Leitrechnerebene ist ebenfalls 2-kanalig ausgeführt und befindet sich an zentraler Stelle in Schaltschränken untergebracht.

Die Achsrechnerebene wird dezentral ausgeführt und ist jeweils untergebracht in Achsrechnerschränken, die unmittelbar an den Maschinen aufgestellt werden können. Die darin enthaltenen Schaltkomponenten sind 2-kanalig ausgeführt. Bei Ausfall eines Achsrechnerschrankes lässt sich so ein anderer verfügbarer Achsrechnerschrank über ein Adapterkabel anschließen, wodurch die Verfügbarkeit der Anlage maximiert wird.

Zur Pufferung der Versorgungsspannungen für das gesamte Computersystem einschließlich des Achsrechnersystems für die Bereiche Obermaschinerie und Untermaschinerie, die Steuerpulte, die Messwertgeber der Antriebe, etc. ist eine unterbrechungsfreie Stromversorgung mit Bypass- Schaltung und einer Pufferzeit von min. 30 Minuten vorgesehen.

SCHALLSCHUTZTORE

Um den Hauptbühnenbereich von den übrigen Arbeitsbereichen etwa zu Probezwecken raumakustisch abtrennen zu können, ist der Einsatz von entsprechenden Schallschutztoren zur Hinterbühne und zur Montagefläche vorgesehen.

LAGEREINRICHTUNGEN

Das Dekorationslager bzw. Kulissenlager befindet sich auf Bühnenebene außerhalb des rechten Seitenbühnenbereiches und bietet Lagerraum für 55 Kulissencontainer.

Die Container (Breite 2,44 m x Höhe 2,30 m x Länge 8,30 m) werden auf 5 Ebenen gelagert und je Ebene horizontal verschoben, ehe sie über einen angrenzenden Aufzug vertikal verfahren werden können. Der Aufzug bietet eine Aufzugsplattform für die gesamte Anlage und kann infolgedessen jeweils einen Container umschlagen. Ein Container wird vom Aufzug auf der unteren (Übergabe-)Ebene abgesetzt und dann in Richtung des Bühnen-bereiches ausgelagert. Dieses System orientiert sich an modernen Hochregallagern.

Zur Einlagerung der Rollprospekte (bemalte Leinwände) ist ein Prospektlagersystem vorgesehen. Dieses befindet sich im Hinterbühnenbereich, wobei die Andienung parallel zur Bühnenmittelachse erfolgt. Die Prospekte werden auf manuell zu bewegenden Wagen zwischen der Hauptbühne und dem Prospektlagerbereich umgeschlagen. Der Zugang zum Prospektlager erfolgt ebenengleich mit der Bühnenebene. Das Prospektlagersystem hat eine integrierte Aufzugsplattform, die auf Ihrer untersten Stellung (Bühnenebene) mit einem Prospektwagen beladen werden kann. Gleiches gilt für die Entladung der Aufzugsplattform. Welchen Sinn alle diese Einrichtungen haben und wie sie verwendet werden, haben wir den Technischen Leiter des Landestheaters, Herrn Philipp Olbeter, gefragt.

Seine Meinung: Bitte klicken