Juni 2009
LINZER BÜHNENKONZEPT: WELTWEIT EINMALIG
Herr
Olbeter, als Technischer Leiter des Landestheaters waren Sie schon bei der
Planung des Theaters am Berg dabei. Wie unterscheiden sich denn die beiden
Bühnenkonzepte?
Im Theater am Berg, einem Tiefbau, musste das Maximalprogramm eingeplant werden, da später nichts geändert werden hätte können. An der Blumau konnte ein anderer Weg eingeschlagen werden. Das Bühnenkonzept ist wohl in den wesentlichen Grundfunktionen vom Theater am Berg übernommen, ist aber jetzt viel eleganter gelöst. Die Verbindung der multifunktionalen Transportdrehscheibe mit Seiten- und Hinterbühne ist weltweit einmalig.
Vorteile dieser Neuerungen?
Die Verwandlungsmöglichkeit ist wesentlich größer und schneller. Außerdem bringen sie einen vorhersehbaren betriebswirtschaftlichen Nutzen.
Die Transportdrehscheibe beinhaltet eine Drehbühne und 3 Bühnenhubpodien. Sind die gleichzeitig im Einsatz?
Nein, es können nur entweder die Drehbühne oder die 3 Podien eingesetzt werden, weil nur über einer Hälfte der Drehscheibe Bühnenbeleuchtung und Obermaschinerie verfügbar sind und daher nur der den Zuschauern zugewandte Teil bespielbar ist.
Werden sich die Regisseure und Bühnenbildner mit dieser einmaligen Anlage schwer tun?
Nein, denn die beiden möglichen Elemente, Drehbühne und Bühnenhubpodien, sind erprobte Einheiten in anderen Häusern, einmalig ist hier nur ihr gemeinsames Vorhandensein. Kein Ausstatter oder Regisseur muss einen Kurs besuchen, um mit dieser Bühne arbeiten zu können.
Die Steuerung durch Computereinsatz klingt beim Durchlesen sehr anspruchsvoll. Wird das funktionieren?
Die Steuerung der Ober- und Untermaschinerie ist im Großen Haus heute schon voll elektronisch. Daher sind keine zusätzlichen Probleme zu erwarten. Unsere Technik bedient ein zugekauftes EDV-Programm und steuert so die Abendproduktion. Da aber der Zeitablauf einer Vorstellung durch die Darsteller oder den Dirigenten immer wieder neu beeinflusst wird, muss jede Vorstellung trotz EDV von Menschen gefahren werden, die auf ein Stichwort hin auf den Computer zugreifen. Ich habe keinerlei Sorge, dass die Abwicklung einer Vorstellung im neuen Haus nicht genauso problemlos laufen wird wie bisher. Natürlich müssen sich alle Mitwirkenden auf den Umgang mit der neuen Technik einlassen wollen, aber das gilt ja für alle am Landestheater Beschäftigten.
Welche Aufgaben hat die Vorbühnentechnik?
Genau über dem Orchestergraben, also außerhalb des Bühnenportals, ist eine Obermaschinerie mit Beleuchtung und kleinem Schnürboden vorhanden, die es ermöglicht, dass im Bereich des Orchestergrabens gespielt werden kann.
Für den Orchestergraben ist eine Pasarelle vorgesehen. Wofür?
Eine Pasarelle ist ein Umgang um das Orchester. Ihr Ursprung liegt in Italien. Geplant ist ein versenkbares etwa 18 m langes und 1½ m breites geschwungenes Podium zwischen Orchestergraben und Publikum. Bespielt wird es in Bühnenebene und ist durch je eine seitliche Brücke von der Bühne aus zugänglich. Die Darsteller können dort zwischen Orchester und Publikum agieren.
In der Obermaschinerie sind vierundvierzig Prospektzüge im Abstand von 20 cm vorgesehen. Sind die alle im Einsatz?
Nicht gleichzeitig. Die Zahl ist notwendig, um jeden Wunsch des Büh-nenbildners erfüllen zu können. Die seltene Verwendung führt leider zu Wartungsproblemen, weil Maschinen besser ständig laufen sollten.
Wie werden die Dekorationen in den Bühnenbereich gebracht und wie werden sie gelagert oder geparkt?
Zunächst werden die von den Werkstätten gelieferten Dekorationen in zerlegtem Zustand auf Paletten ohne eigenen Antrieb in den Bereich der Hinterbühne gefahren. Dort kommen sie über einen Aufzug in ein fünfstöckiges ca. 14 m hohes Hochregallager, das 55 Containern Platz bietet. Die Prospekte (bemalte Leinwände) kommen aufgerollt in ein daneben angeordnetes Prospektlager. Diese Deponien ermöglichen die Aufbewahrung eines Repertoires von etwa 20 Musiktheaterproduktionen.
Wie werden die Dekorationen für den Spielabend weiterbearbeitet?
Sie werden aus den Containern heraus mit den Palettenwagen über den Aufzug in die Bühnenebene gebracht und dort auf einem der 6 Bühnenwagen zusammengebaut. Mit Hilfe dieser Wagen kommen sie entweder auf die Hinterbühne, die Seitenbühne, die Probebühne oder direkt auf die Bühne. Ist eine Produktion mit Drehbühne vorgesehen, muss die Dekoration händisch auf diese übertragen werden. Bei Verwendung der Hubpodien kann sie auf den Wagen belassen werden, weil die Fahrgestelle der Wagen unter die Bühnenebene abgesenkt werden können.
Wie viele fertige Produktionen können gleichzeitig im Bühnenbereich aufgestellt bleiben?
Mindestens vier (auf Probe- Seiten- Hinter- und Spielbühne). Ich rechne aber mit 5 oder 6, weil bei einer Produktion nicht immer alle 3 Bühnenwagen pro Bühne gebraucht werden.
Herr Olbeter, wie zufrieden sind Sie denn mit dem Bühnenkonzept des Musiktheaters?
Mit diesem neuen Konzept bin ich sehr zufrieden, es ist hochfunktionell und weltweit einmalig.
Herr Philipp Olbeter, herzlichen Dank für dieses
Gespräch.
DI HILDEBRAND HARAND