Der Linzer Gemeinderat erhielt für seine Entscheidung am 20. September 2001 gegen das Musiktheater am Urfahraner Jahrmarktgelände vernichtende "Kritiken". Es waren nicht nur das Ergebnis und das Stimmenverhältnis (20 Pro zu 40 Kontra) deprimierend, sondern vor allem auch die Art und Weise, wie von "Wapplern" argumentiert und diskutiert wurde. Bürgermeister Dobusch bekundete sein Missfallen über unseren Antrag durch beiläufiges und teilweise sinnstörend-stotterndes Verlesen desselben, Vizebürgermeister Nöstlinger als Sprecher der SPÖ listete im Partei-Hick-Hack die politischen Versäumnisse der Landes-ÖVP auf und ÖVP-Kulturstadtrat Dyk beschwor vergeblich den Geist von Gleißner und Koref (die das Brucknerhaus ermöglichten). Was die FPÖ, die die Musiktheater-Freunde "anschleimte", und LIF-Mandatar Mitterer (punktgenau) sagten, ist im folgenden Leitartikel vom nächsten Tag von Franz Schwabeneder ebenfalls treffend geschildert. Unter dem Eindruck dieser Debatte war es nur zu verständlich, dass Präsident Franz Welser-Möst, der auf der Zuhörergalerie der Diskussion mit Befremden und Enttäuschung gefolgt war, die Niederlegung seiner Präsidentschaft ankündigte. Er wird bei der nächsten Generalversammlung (Freitag, 15. März 2002) anwesend sein. Wir drucken den erwähnten Leitartikel im folgenden ab, denn diese Darstellung entspricht genau dem Ergebnis des 20. Septembers.

Politik der Kalkulierer
Wie man das Musiktheater hinter das Jahr 2003 schob

Na also, jetzt können sich alle beruhigt zurücklehnen. Der Haufen der Idealisten, Spinner, Träumer, Kunstbegeisterten, der sich die Lästigkeit einer Bürgerinitiative geleistet hat, ist von der Pragmatik der Politik in seine Schranken verwiesen worden. Der Antrag zur Errichtung eines Musiktheaters am Urfahraner Marktgelände wurde abgeschmettert. Der Verein Freunde des Linzer Musiktheaters, seit 17 Jahren unbeirrbar im Einsatz für die Errichtung eines zeitgemäßen Landestheaters, darf sich ins Nichts entfernen oder zumindest in die innere Emigration begeben. Die Politik hat ihre Ruh'. Mit ihren Fronten der Taktierer, Ausbremser, Analysierer, Zauderer und Verhinderer kann sie sich wieder auf sich selbst konzentrieren.

Die Parteisprecher haben im Linzer Gemeinderat jeder auf seine Weise ihre Argumente vorgetragen, aber einem Redner, dem LIF-Mann Hannes Mitterer, blieb es vorbehalten, dieses Konglomerat der Begründungen auf den Punkt zu bringen: Zeitschinden nach mehr als einem Jahrzehnt geübter Bekenntnisprosa, damit die Flucht ins Jahr 2003 angetreten werden kann.

Denn auf nichts anderes läuft es hinaus. Die Landtags- und Gemeinderatswahlen werfen ihre gewal-tigen Schatten der Furcht voraus, und darunter zittern sie alle. Wo es des Wagemuts bedurft hätte, der kultur- und gesellschaftspolitischen Vision, des Vertrauens in solidarische Kooperation, dort hat es sich gezeigt, dass ausschließlich Kalkül die Trumpfkarte der Politik ist. Alle Parteien, im Land wie in der Landeshauptsstadt hoffen inniglich, dass in zwei Jahren in ihrem Sinne die Karten neu gemischt werden. Und dann könnte es sein, dass der Neubau des Theaters wieder diskutiert werden kann. Sofern es die parteilichen Eigeninteressen nicht tangiert.

Alle, die für ein den Menschen der Stadt Linz und des Landes Oberösterreich angemessenes Theater gekämpft haben, sind an diesem gestrigen Nachmittag auf der Galerie des Gemeinderatssaales gesessen. Sie durften sich hübsch verhöhnt fühlen, als sie vom Sprecher der führenden Verhinderungspartei als "liebe Freunde des Musiktheaters" angeschleimt wurden, und sie durften bitter lächeln, dass in einer Stadt, die inständig darum winselt, europäische Kulturhauptstadt zu werden, kein über die Taktik hinausführender mutiger Schritt für eine fort-führende und vorantreibende Initiative zu setzen ist. Sie durften aber auch darüber nachdenken, dass es dem Land Oberösterreich als Bauherrn über all die Jahre hinweg in berauschendem Ausmaß an organisatorischer und politischer Kompetenz gemangelt hat - ein eindrucksvoller Weg von der Verschiebetaktik des vormaligen Landeshauptmannes Josef Ratzenböck bis zur Unfähigkeit, einen Grundsatzbeschluss des Landtages bis heute herbeizuführen.

Auf der Galerie saß auch der Linzer Baudirektor Franz Xaver Goldner, der in so kompromissloser Weise für das Musiktheaterprojekt eingetreten ist. Es sei, so sagte er einmal in einem OÖN-Gespräch, seine Pflicht, dafür zu kämpfen, er stünde sonst als Baudirektor als "Wappler" da. Die aber saßen in der Mehrheit eine Etage tiefer.

Franz Schwabeneder
OÖNachrichten, 21. September 2001


Stimme aus Wien!

NEUERLICHER TIEFSCHLAG

Zwar nur 2 - 4 x pro Jahr Besucherin des Linzer Landestheaters, bin ich schockiert über den neuerlichen Tiefschlag, den das kulturelle Linz erlitten hat. Ich kannte noch das alte Landestheater und war als eine der ersten Besucherinnen nach dem Umbau entsetzt über das schreckliche Ergebnis, mit dem Linz noch immer leben muss.

Mein Appell an Herrn Welser-Möst ist: bitte, bitte, lassen Sie Linz nicht im Stich. Es kommen wieder Wahlen und es ist zu hoffen, dass die "Kultur-Linzer" ihre Lehren aus den bisherigen Vorgängen gezogen haben. Herr Welser-Möst als derzeit ohne Zweifel der hervorragendste Linzer Musiker sollte sich weiter engagieren, ohne ihn und seine internationale Reputation ist Linz arm! Bitte, machen Sie weiter.

ELFRIEDE KRISZTINUS Wien