November 2008

Schutz gegen Störfelder

Es befasste sich unser Vereinsvorstand am 22. April 2008 mit der Einwirkung von elektromagnetischen Störungen auf unser Theatergebäude und mit den geplanten Gegenmaßnahmen. Mit den einschlägigen Untersuchungen und Planungen sind die Austrian Research Centers (Forschungszentrum Seibers-dorf) beauftragt. DI Kurt Lamedschwandner als Geschäftsfeldleiter und Ing. Hans Preineder als Projektleiter brachten uns die schwierige Materie sehr anschaulich nahe.

Von Dipl.-Ing. HILDEBRAND HARAND


Für unser Musiktheater gibt es eine ganze Reihe maßgeblicher Störquellen. Es sind dies die Westbahn, die Straßenbahn, die Transformatoren im Bauwerk, die Erdkabel, weiters Mobiltelefone, schnelle Signalleitungen, Energieversorgungsleitungen, Radio, TV, Mobilfunk. Die Früherkennung der Störquellen ermöglicht eine gezielte und daher billigere Abhilfe als die stets teuren und schwierigen nachträglichen Verbesserungen.

ALLGEMEINES ZU DEN VERWENDETEN BEGRIFFEN

Ausgangspunkt der Betrachtungen ist ein in einer bestimmten Anlage vorhandener elektrischer Strom. Von ihm, der Quelle, gehen elektromagnetische Felder aus, die sich meist kugelförmig ausbreiten. In jedem Punkt dieser Kugel kann man die elektromagnetische Feldstärke messen, eine richtungsabhängige Größe. Je weiter der Messpunkt von der Quelle entfernt ist, umso kleiner die Feldstärke. Ihre Einheit ist Ampere pro m (A/m). Eine von einem fremden Erreger ausgelöste Feldstärke von mehr als 3A/m kann bei manchen Geräten und Apparaten zu Problemen führen. EU-weite Gesetze legen fest, dass alle verwendeten elektronischen und elektrischen Geräte und Anlagen elektromagnetisch verträglich sein sollen (EMV Elektromagnetische Verträglichkeit). Diese ist die Fähigkeit eines Betriebsmittels, in seiner elektromagnetischen Umgebung zufrieden stellend zu arbeiten, ohne dabei selbst elektromagnetische Störungen zu verursachen, die für andere Betriebsmittel in derselben Umgebung unannehmbar wären. Das heißt, es ist zwar unvermeidbar, dass Anlagen auf andere Anlagen einwirken, aber dies muss so klein gehalten werden, dass der Betrieb gegenseitig gewährleistet ist.

1.) Elektromagnetische Störquellen

Das sind Quellen, die elektromagnetische Felder erzeugen, welche auf andere Anlagen einwirken. Sie befinden sich entweder im selben Haus oder außerhalb. Quellen außerhalb des Bauwerks können sein: elektrisch betriebene Bahnen, Hochspannungs- und sonstige Freileitungen, Erdkabel, Rundfunk- und Fernsehsender, Mobiltelefone und Mobilfunkbasisstationen usw. Innerhalb des Hauses sind es alle elektrischen und elektronischen Einrichtungen. Die Beeinflussung einer Anlage durch eine Störquelle kann über die Luft (als "Störstrahlung"), über Drähte und Leitungen und über den Erdboden erfolgen.

Im Gegensatz zu den "Erschütterungen", die jeder Mensch im Theatergebäude sofort spüren würde, betreffen ihn die elektromagnetischen Störungen nur indirekt, nämlich durch "Verrücktspielen" der technischen Einrichtungen, Versagen der Mikrofone, Dröhnen der Lautsprecher usw. Es ist daher Aufgabe der Fachplaner, die elektromagnetischen Störungen so klein zu halten oder die Anlagen so abzuschirmen, dass sie funktionieren.

2.) Für das Musiktheater maßgebliche Störquellen

Diese mussten von Fachplanern aufgefunden, gemessen und berechnet werden. Es sind dies: Die Westbahn, die Straßenbahn, die Transformatoren im Bauwerk, die Erdkabel, weiters Mobiltelefone, schnelle Signalleitungen, Energieversorgungsleitungen, Radio, TV, Mobilfunk. Der Errichtungsgesellschaft des Musiktheaters war es bewusst, dass die Früherkennung der Störquellen eine gezielte und daher billigere Abhilfe ermöglicht als die stets teuren und schwierigen nachträglichen Verbesserungen. Sie erteilte daher der ARC (Seibersdorf) einen umfangreichen Auftrag der Planung und Kontrolle.

3.) Auftragsumfang

 

4.) Zur Störquelle Westbahn


Man hört hin und wieder, die Störfelder der Westbahn mit ihren unübersehbaren Oberleitungen hätten die Instrumente im ehemaligen UKH negativ beeinflusst. Das gilt nicht für den sensiblen Bereich des Musiktheaters. Denn dieses ist von der Westbahn wesentlich weiter als das UKH und damit ausreichend weit entfernt.

Fotos: Austrian Research Centers

Das elektromagnetische Feld wird durch den Fahrstrom verursacht, der eine Frequenz von 16 2/3 Hertz hat. Diese Zahl ist insofern günstig, weil sie nur ein Drittel der normalen Wechselstromfrequenz beträgt und deshalb die Induktionswirkung (die störend unsere Geräte beeinflusst) kleiner ist. Wie schon bei den Erschütterungen, so ist auch hier der relativ große Abstand der Bahn zum Gebäude und dort zu den weiter weg situierten sensiblen Bereichen ein weiterer Pluspunkt. (Das Anrücken des Bauwerkes an den Rand des Volksgartens hat sich wohl 10fach gelohnt). Wenn ein Zug im Bahnhof fährt, sind die Feldstärken größer als bei am Theaterstandort vorbeifahrenden Zügen. Für die Ermittlung der Feldstärken im Musiktheater wurde der ungünstigste Fall gewählt, dass auf sämtlichen Gleisen, auch auf den beiden noch zu bauenden, Züge fahren. Die Berechnungen haben ergeben, dass die von der Westbahn erzeugte Feldstärke im weitaus größten, jedenfalls komplett im sensiblen Bereich des Bauwerks unterhalb von 3A/m liegt. Lediglich in den oberen Geschossen der Büroräume entlang der neuen Straße sind etwas höhere Feldstärken zu erwarten, die aber mit modernen Geräten (Flachbildschirme statt herkömmlichen) zu bewältigen sind. Wenn man hin und wieder hört, die Störfelder der Westbahn hätten die Instrumente im ehemaligen UKH negativ beeinflusst, so gilt das nicht für den sensiblen Bereich des Musiktheaters. Denn dieses ist von der Westbahn wesentlich weiter als das UKH und damit ausreichend weit entfernt.

6.) Interne (theatereigene) Störquellen

Die Maßnahmen der letzten beiden Punkte erfordern Spezialplanungen, die für Fachleute kein Problem darstellen sollten. Sie sind auch unabhängig vom Standort und gelten weltweit für ähnliche Anlagen.

7.) Gegenwärtiger Stand der Planung und der Untersuchung

Der Bericht über die externen Magnetfelder wurde durch ARC bereits erstellt und die Untersuchung der internen Störquellen ist abgeschlossen. Derzeit werden die stör-empfindlichen Geräte untersucht, insbes. Audio, Video, Mikrofone, Lautsprecher, das Steuersystem der Bühneneinrichtung, die Steuerpulte und die Funkmikrofone. Ein erster Entwurf des beauftragten Gutachtens liegt vor.

SCHLUSSBEMERKUNG

Wie schon bei den Maßnahmen gegen Erschütterungen hat uns auch hier die Professionalität der Fachplaner beeindruckt. Es ist sehr erfreulich, dass im Bereich von elektromagnetischen Einwirkungen so lange vor Baubeginn bereits genaue Untersuchungen durchgeführt sind, deren Ergebnisse einen reibungslosen Betrieb erwarten lassen.

Zum Wort "erwarten" möchte ich noch anfügen: Wenn wir schon noch mindestens drei Jahre auf die Eröffnung warten müssen, so können wir dies etwas leichter mit der Vorfreude auf ein offensichtlich rundum sorgfältig geplantes Bauwerk bewältigen.