Jänner 2009

Haustechnik für das neue Musiktheater

Im folgenden sei über einen Teilbereich der Planungsarbeiten am neuen Musiktheater berichtet, der einerseits, wenn er gelungen ist, nur wenig wahrgenommen wird, der aber im Fall von Mängeln die Freude am Theaterbetrieb sehr schmälern würde: die "Haustechnik". Darunter versteht man die Zusammenfassung der Bereiche von "Heizung, Klima, Lüftung, Sanitär".

Von Dipl.-Ing. HILDEBRAND HARAND

Mit der Planung der Haustechnik ist das Büro Wagner & Partner Ziviltechniker GmbH aus Linz beauftragt. Die Grundlagen für meinen Bericht erhielt ich vom Projektleiter Herrn Miklos Rakosa, jene für den Sanitärteil aus der Baubeschreibung.


1.) Ziele der Haustechnikplanung

Das Klima im Zuschauerraum, Foyer, Bühne, im Künstlerbereich und in den Büros muss so gestaltet sein, dass sich die Menschen wohl fühlen, und dass natürlich auch die Stimmbänder und die Musikinstrumente der Künstler keinerlei Schaden nehmen. Zugerscheinungen sind unbedingt zu vermeiden. 

Die Klimabildung muss leise, ja geräuschlos erfolgen. 

Bei Luftumwälzungen müssen Staub und andere schädliche Stoffe verlässlich weggefiltert werden.

Die Klimaeinrichtungen dürfen die Brandsicherheit nicht gefährden.

Der Energieaufwand soll minimiert werden. So sollen etwa die Transportwege der Luft klein gehalten werden, weil dann auch die Ventilatorleistung klein sein wird.

Be- und Entlüftung ist auch zeitlich zu regeln, um Energie zu sparen. Das erfordert sorgfältig geplante Regeleinrichtungen.

Die Planung muss Nutzungsbereiche (z.B. die Bühne mit den Scheinwerfern) und die zugehörige Nutzungsdauer (z.B. Probe am Vormittag) einbeziehen.

Nachhaltigkeit - der sorgsame Umgang mit Rohstoffen - ist auch hier zu gewährleisten. 

 

2.)Versorgungsleitungen außerhalb des Bauwerks 

Die Versorgung des Gebäudes mit Wärme für die Hei-zung erfolgt über einen Fernwärmeanschluss, der aus der Abwärme der Stromproduktion der Linz AG gespeist wird. Alle für die Haustechnik nötigen Zuleitungen wie Fernwärme, Wasser, Elektro und auch die ableitenden Kanäle sind außerhalb des Bauwerks bereits fertigge-stellt. Die erfolgten Straßenumlegungen (Blumauerstra-ße, Südtirolerstraße, Bahnhofstraße) beinhalten bereits die gesamte technische Infrastruktur für die geplanten bautechnischen Gewerke. 

3.) Erforderliche maschinelle Einrichtungen 

In Hinblick auf die Erreichung kurzer Transportwege für die Luft sind neben den zentralen Anlagen in der 2. Kellerebene (über der Bodenplatte) auch Einzelanlagen in den oberen Geschossen geplant. Einige Geräte, die besonders hohe Luftmengen zu bewältigen haben (z. B. das Gerät für das Auditorium) sind auch auf dem Dach positioniert.
Im 2. Untergeschoss sind vor allem jene Geräte untergebracht, die wegen Masse, Gewicht und Vibrationen direkt über der Fundierung ihren Platz haben. Die von dort wegführenden Lüftungsleitungen brauchen entsprechend Raum in allen Geschossen und Öffnungen in der Konstruktion. Hier ist Großzügigkeit erforderlich, weil kleinere Querschnitte höhere Luftgeschwindigkeiten bedingen, die unerwünscht sind. Die Optimierung der Leitungsführung zusammen mit dem Statiker und Akustiker gehört zu den schwierigsten Aufgaben der Haustechnikplanung.
Neben den großen Lüftungsgeräten befindet sich die Sprinkleranlage, die im Brandfall - wo immer im Gebäude nötig - örtlich Wasser über brennende Gegenstände sprüht. Sie stellt zusammen mit der modernen Brandmeldeanlage, der Notstromversorgung und den baulichen Maßnahmen des Brandschutzes (Brandabschnitte etc.) einen wesentlichen Teil des sicherheitstechnischen Gesamtkonzepts dar. Herzstück der Sprinkleranlage ist ein Übergabebehälter für das Löschwasser mit einem Volumen von 70m³ und 2 großen Pumpen mit je 150KW Leistung. Die Wasserzufuhr erfolgt über den Hauswasseranschluss.
Auch die Heizzentrale mit der Übergabestation der Fernwärme steht im untersten Stockwerk. Von dort werden alle Räume, wo Heizkörper angeordnet sind (vor allem Büros, Künstlerzimmer etc.), über eigene, außentemperaturgeführte Regelgruppen versorgt. Die Heizkörper werden mit hohem Strahlungsanteil und individueller Regelbarkeit ausgestattet sein. Öffentliche Bereiche werden mit Niedertemperatur-Flächenheizung ausgestattet.
Die auszublasende Luft muss den richtigen Feuchtigkeitsgehalt haben. Dazu sind Dampferzeuger nötig, die die Lüftungsanlagen hygienisch einwandfrei versorgen. Die erforderlichen Geräte - wie auch die Warmwasserbereitung für den Sanitärbedarf - sind ebenfalls im untersten Stockwerk aufgestellt. Warmwasser wird nicht nur über das Fernwärmenetz, sondern bis zu 35% von der hauseigenen Solaranlage hergestellt. Diese besteht aus einer 200m² großen Kollektorfläche auf dem Dach über dem großen Saal.
Energierückgewinnung ist eingeplant. Das Publikum, die Akteure, die Bühnentechnik sind an der Erwär-mung der von ihnen genützten Räume mitbeteiligt und ein Teil dieser Energie sowie auch ein Teil der erforderlichen Luftfeuchtigkeit kann zurück gewonnen werden. Entsprechende Geräte sind auf dem Dach angeordnet. Die Regelung der Lüftungsanlagen der Veranstaltungsräume erfolgt so, dass nur der Anteil der verbrauchten Luft und nicht die gesamte Luft-menge ausgetauscht wird. Gesteuert wird dies durch eine Messung des CO2-Anteils der Rückluft.
 
Demnach wird nur die "verbrauchte" Luft mit Energieaufwand behandelt (gekühlt, beheizt, mit Sauerstoff ergänzt und befeuchtet). 

4.) Einbringung der notwendigen Frischluft in die Veranstaltungsräume 

Die Zufuhr der Luft in den Zuschauerraum erfolgt direkt aus dem Bodenbereich (Sesselfuß, Bodenquellauslass, Stufenquellauslass). Die entsprechend aufbereitete Luft streicht von jedem Sitzplatz so langsam nach oben, dass keinerlei Zug entsteht. Das erfordert große Zuleitungsquerschnitte. Weit oberhalb der Sitzposition (jenseits von 3m über dem Boden) ist der Einsatz von zusätzlichen Luftdüsen geplant, die Abwärme aus dem Scheinwerferbereich ohne Auswirkungen auf die Zuschauer abführen. 

Auch die Musiker im Orchestergraben müssen mit Frischluft versorgt werden. Ihre Pulte stehen auf vier voneinander unabhängigen der Höhe nach verstellbaren Podien, die je nach Operngattung positioniert werden. Diese "Bühnen" haben Ausströmöffnungen, durch welche die Frischluft von unten nach oben, großflächig und zugfrei an den Musikern vorbei streicht. 


5.) Bewältigung hoher Wärmelasten 

Diese entstehen vor allem bei Gleichzeitigkeit (Menschen, Bühnentechnik, Scheinwerfer etc.) und müssen über eine zentrale Kälteanlage abgeführt werden. Am geplanten Theaterstandort ist es nicht möglich, das Grundwasser zur Kühlung heranzuziehen, daher ist eine elektrisch betriebene Kompressorkälteanlage geplant. So wie Wärme rückgewonnen werden kann, ist es auch bei Kälte möglich. In den Wintermonaten entlastet die Kühle der Außenluft den Einsatz der Kälteanlage. 


In diesem Systemschnitt wird am Beispiel des Auditoriums die Wirkungsweise der Zuluft- und Abluftführung dargestellt, wie diese in dem nebenstehenden Punkt 4 "Einbringung der notwendigen Frischluft in die Veranstaltungsräume" beschrieben wird. Die Zufuhr der Luft in den Zuschauerraum erfolgt direkt aus dem Boden-bereich. Die entsprechend aufbereitete Luft streicht von jedem Sitzplatz so langsam nach oben, dass keinerlei Zug entsteht.
Volle Auflösung

6.) Sanitäranlagen 

Hier interessiert vor allem die Größe der WC-Anlagen, weil im Vergleich zu den derzeitigen Linzer Kulturveranstaltungsstätten eine wesentlich bessere Lösung dringend nötig ist. Die von der OÖ. Bauordnung vorgeschriebene Anzahl der WC-Plätze ist unzureichend. Die Vorgaben in England entsprechen besser und nach ihnen hat man sich gerichtet. Die Anzahl der WC-Plätze ist da wie dort aus der Besucherzahl zu errechnen, wobei 40% männlich angenommen wurden. (Die Damen sind anscheinend die größeren Opernfreunde). Für den Theatersaalbereich wurden als WC-Plätze geplant 6H+14P sowie 29D, davon im Bereich des großen Foyers (2. Obergeschoss, etwa 1. Galerie, über Treppen im Saal und Aufzüge erreichbar) 3H+7P und 19D. Die restlichen Plätze (3H+7P und 10D) liegen ein Stock höher. In beiden Geschossen ist je 1 Behinderten WC für D und H. 

Zusätzlich sind noch für das Cafe und die Garderoben im Eingangsbereich 2H+5P und 4D geplant. Davon unabhängig hat die Studiobühne im 1.Untergeschoss 4H+4P und 14D (bei D in diesem Fall fast das Vierfache der Bauordnung), weiters 1 Behinderten WC (D/H). 

Während im Bereich der Herren etwa 25% bis 40% mehr als üblich und gefordert geboten wird, ist die Damen WC-Zahl im Saalbereich das Zweifache der Bauordnung. 

Diese Zahlen verlieren ihre Banalität, wenn man in unseren derzeitigen Kulturstätten in den Pausen die Herren um das Buffet versammelt sieht, während die Damen in langen Schlangen anderswo angestellt sind. Wir freuen uns, dass die Planer des Musiktheaters hier Abhilfe geschaffen haben. Es wird schon in allen Bereichen etwas sehr Schönes, das neue Haus, wenn nur bald mit dem Bau begonnen werden würde!